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ALPINE ARCHITEKTUR
Schlichte und massive Steinhäuser , enge Sträßchen, Backhäuser und Brunnen. Abgelegene, in sich geschlossene und einst selbstgenügsame Ansiedlungen, die eine außergewöhnliche Atmosphäre und Umgebung bewahrt haben. In Bellino schlängelt sich ein touristischer Weg durch die einzelnen Ortsteile, auf dem man den reichen Schatz an Sonnenuhren entdecken kann. Besonders stimmungsvoll ist das kleine Dorf Chianale, eines der „schönsten Dörfer Italiens“. Erstaunlich sind die zahlreichen künstlerischen Zeugnisse des Tals: Volkstümliche Fresken, Bildstöcke, Häuser und Kapellen ergänzen die gehobenen und erlesen Werke der Maler, die im 15. Jahrhundert in Kirchen und Pfarrkirchen arbeiteten und den spätmittelalterlichen Stil mit den Neuerungen der Renaissance verbanden.
Auf den Spuren der Bauernhäuser
Das Varaita-Tal war von jeher stark bevölkert. Die für Landwirtschaft und Viehzucht sehr günstigen klimatischen und morphologischen Bedingungen erlaubten und erlauben noch heute den Gebrauch von Rohstoffen auf allen Höhenlagen, so dass man bis auf 1800 m hinauf siedeln konnte und einige Sommerwohnsitze sogar auf 2600 m lagen – z.B. die Alm Grange Sabious in Bellino. Im Tal verleihen die Bauernhäuser, von denen viele noch intakt sind, in ihrer Gesamtheit der Landschaft ein sanftes Aussehen. Sie bereichern die natürliche Umwelt Generation für Generation durch den Beitrag an menschlicher Arbeit. Die Art zu wohnen wurde in den ganzen Westalpen von zwei kulturellen Wurzeln bestimmt: das Heizen mit dem Kamin, das zum System des Einheitshauses führte, in dem die Menschen mit dem Vieh unter einem Dach lebten; und der Brauch der Erbteilung nach dem römischen Recht, der oft dazu führte, dass die Güter in kleine Parzellen zerstückelt wurden, um sie unter den einzelnen Erben aufzuteilen, und dass die Häuser angepasst wurden, um die neuen Familieneinheiten aufnehmen zu können.
Das untere Tal
Zu diesem Segment gehört das Gebiet des Tals bis Brossasco und es entspricht dem Bereich des Esskastanienwalds. Hier hat das Haus geringe Dimensionen: ein kleiner Stall, ein winziger Heuboden, Mauern aus kleinem Gestein, Balken aus Laubholz, Steinschindeln. Die Häuser sind zu kleinen Einheiten in der Nähe einer Quelle oder der Felder gruppiert. Die Trockenhäuschen für die Esskastanien dürfen nicht fehlen. Diese Gebäude haben zwei Stockwerke, getrennt durch ein horizontales Gitterrost, auf dem die Esskastanien ausgebreitet wurden, um vom durchziehenden Rauch, der durch das langsame Verbrennen grüner Zweige im unteren Raum erzeugt wurde, getrocknet zu werden. Auf diese Weise wurden die so genannten „weißen Kastanien“ hergestellt.
Das mittlere Tal
Es umfasst die Gemeinden Valmala, Melle, Frassino und Sampeyre. Die Betriebe sind klein und selbstgenügsam, aber durchaus in größeren Ansiedlungen versammelt. In diesen sind die Häuser immer sehr dicht und eng aneinander gebaut, durch die vielen nachträglich erfolgten Anbauten. Fast alle Familien hatten einen Sommerwohnsitz, die meira (Alm) im Bereich der privaten und kommunalen Weiden, wo sie mit dem Vieh für vier bis fünf Monate im Jahr lebten. Das Haus hat meist ein Giebeldach, mit der Fassade auf der Giebelwand zum Tal ausgerichtet und mit einem nach der stärksten Neigung des Geländes orientierten First. In Sampeyre ersetzt die Lärche allmählich die anderen Bauhölzer. Im Mauerwerk sticht gelegentlich der Gebrauch halbfertiger Steine hervor, die für Ecksteine, Architrave, Tür- und Fensterpfosten verwendet wurden.
Das obere Tal
Chasteldalfin bildeten, heute Castellata genannt, ein Gebiet, das zuerst dem Dauphin gehörte und dann dem französischen Königreich bis 1713. Mehr denn anderswo hatte sich hier der Brauch der patriarchalischen Familie gehalten, der die Zerstückelung des Landes und die Wucherungen der Häuser teilweise verhinderte: also große Wohnsitze, reicher, da sie der Sitz florierender Betriebe waren und von größerem Raum, da sie dazu dienten, große Herden und die dafür benötigten Heuvorräte für sieben Monate unterzubringen. Als dekorativ-bauliches Element erscheint die runde, aus kleinem Gestein gemauerte Säule, die pilia rionda. Sie ist häufig verputzt und stützt den Dachvorsprung sowohl an der Fassade als auch auf der Seite. Dieses architektonische Element, das im ganzen Varaita-Tal und im benachbarten Maira-Tal vertreten ist, dient dazu, bescheidenen Bauernhäusern die Würde großer Bauwerke zu verleihen. Die Suche nach dem Schönen zeigt sich auch in anderen Details: bearbeiteter Stein, zweibogige Fenster mit eleganter Mittelsäule, Portale, Balkone, Dekoration, Sonnenuhren, Votivfresken, und ganz zu schweigen von den mysteriösen, in Stein gehauenen Köpfen eindeutig keltischen Ursprungs.
(Der Text ist der Broschüre „Case contadine“ von Luigi Dematteis entnommen.)