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DIE KIRCHEN VON MISTA’

DIE KIRCHEN VON MISTA’

mista1Mistà:  ein alter okzitanischer Begriff, der einst für kleine, heilige Bilder stand; heute hingegen hat dasselbe Wort die Ausmaße eines großen, kulturellen Projekts angenommen. Mistà ist ein bedeutendes Festival, das jedes Jahr in den Monaten Juli und August stattfindet. In den romanischen und gotischen Kirchen des gleichnamigen Zirkels, oder auf deren Kirchhöfen, lassen weltberühmte Künstler aus den Bereichen Klassik, Jazz, Ethno und Okzitanisch in ihren Konzerten eine magische Verknüpfung von Kunst und Musik entstehen, die nirgendwo anders möglich wäre. Aber die Kirchen von Mistà wissen auch mit ihrer Stille zu verzaubern, in der man den Rhythmus der Natur und die Faszination der gemalten Erzählungen wahrnimmt, die bei den geführten Wanderungen und Besichtigungen gekonnt erklärt werden. Und schließlich ist Mistà eine vollständige Erfahrung, denn auch der Duft und der Geschmack, die ihre Wurzeln in die alten Traditionen dieser Täler senken, sind darin umfasst.

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Das Varaita-Tal hat nicht nur ein reiches Erbe ländlicher Architektur, sondern bewahrt auch kleine Kunstschätze. Die meisten von ihnen stammen aus dem Mittelalter, vor allem aus dem Goldenen Zeitalter der Marchesen von Saluzzo. Diese großen Förderer der Künste beherrschten bis in die frühen Jahre des 16. Jahrhunderts das Gebiet des Varaita-Tals von Verzuolo und Costigliole bis zur Gemeinde Sampeyre. Aus dieser Zeit stammt zum Beispiel das Fresko „Christus der Pietà“. Dieses Werk ist in der Krypta des Kirchturms von Costigliole S. erhalten geblieben und wurde von Hans Clemer gemalt, der besser bekannt ist als Meister von Elva, da er dort in der Pfarrkirche von Elva (CN) im benachbarten Maira-Tal sein Meisterwerk gemalt hat.

Bemerkenswert sind auch die Gemälde von Pietro da Saluzzo, die in der alten Pfarrkirche Santi Filippo e Giacomo in Verzuolo erhalten sind. Neben der Kirche erhebt sich der Kirchturm, dessen erstes Stockwerk aus dem 11. Jahrhundert stammt; die anderen vier sind aus dem 12. Jahrhundert. Unter dem Kirchturm befindet sich eine kleine Kapelle mit einem Tonnengewölbe, an dem noch Fresken aus dem letzten Jahrzehnt des 11. Jahrhunderts sichtbar sind, die die Geschichten des Heiligen Nikolaus von Bari darstellen. Es handelt sich um eines der ältesten Zeugnisse der Malerei in der Provinz Cuneo. Weiter talaufwärts, in der Gemeinde Brossasco, findet sich eine kleine Kapelle, die dem Heiligen Rochus gewidmet ist und mit Fresken aus dem frühen 16. Jahrhundert bemalt ist, die Pascale Oddone zugeschrieben werden.

Bedeutsam ist auch die Pfarrkirche Sant’Andrea mit ihrem Portal von 1406 im Stil der Flammengotik, das einzige Exemplar in der ganzen Provinz. Erwähnenswert ist auch das Portal der Pfarrkirche von Rossana, mit dem darüber aufragenden Wimperg mit Verzierungen aus Terrakotta im französischen Stil und einem großen Gemälde des Heiligen Christopherus aus dem 16. Jahrhundert auf der Fassade.
Im oberen Tal schließlich, das mit Ausnahme von Sampeyre nicht zum Marquisat von Saluzzo gehörte, sondern einer der vier Verwaltungsbereiche der Republik der Escartons war, beherrschten die Gebrüder Biasacci die Bühne der Malerei.

Im Innern der Pfarrkirche von Casteldelfino, die schon für ihr wunderbares Portal mit schöner Laibung bekannt ist, kann man weitere Gemälde der beiden Brüder aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts besichtigen.

Fresken kostbarer Machart und datiert auf 1545 sind in der Pfarrkirche von Isasca erhalten, die im Jahr 1386 erstmals erwähnt wurde. Die Fresken stellen im unteren Bereich die Evangelisten dar und im oberen Bereich eine Verkündung, sicher von anderer Hand und wesentlich früher gemalt.

Die Pfarrkirche im Ortsteil Chiesa in Bellino ist sowohl für seinen steinernen Kirchturm bekannt, der im romanisch-alpinen Stil gebaut wurde, als auch für einige behauene Steine, die älter sind als der Bau des aktuellen Gebäudes und im Mauerwerk wiederverwertet wurden. Am bekanntesten ist ein Kopf mit Strahlenkranz, ein antikes, keltisches Symbol paläochristlichen Ursprungs. Chianale, ein kleiner Ortsteil der Gemeinde Pontechianale, hat gleich drei sakrale Gebäude zu bieten, ein Zeugnis der starken Konvertierungsbestrebungen während der Gegenreform, die auf die protestantische Häresie folgte, die im oberen Tal verwurzelt war. Das älteste Gebäude ist die Kapelle S. Antonio aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Sie hat einen Glockengiebel, den sonst im Tal nur die Kapelle S. Eusebio in Casteldelfino aufzuweisen hat, und im Innern bewahrt sie in Stein gemeißelte Kapitelle und ein interessantes „Jüngstes Gericht“ aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Schließlich ist die Pfarrkirche von Venasca mit ihrem achteckigen Grundriss erwähnenswert, die 1750 nach einem Entwurf des Architekten Ruffino erhöht wurde. Das Innere ist mit mehrfarbigem Marmor verziert und von Pietro Antonio Pozzi freskiert. Die Kirche ist eines der bedeutendsten Beispiele barocker Architektur im Gebiet Saluzzos.

Lesen Sie weitere Informationen über die Kulturgüter des Mistà-Zirkels:
R. PELLERINO, D. ROSSI (Hrsg.), Mistà. Itinerario romanico-gotico nelle chiese delle valli Grana, Maira, Varaita e Po, Bronda, Infernotto, +eventi edizioni, Cuneo, 20122.