Valle Varaita Trekking und mehr
herausgegeben von Michael Kleider
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Das relativ lange (gut 50 Kilometer) und breite Varaita-Tal liegt in der Region Piemont, genauer im Nordwesten der Provinz Cuneo, der größten aller piemontesischen Provinzen. Es liegt mitten in den Cottischen Alpen, einer großen Gebirgsgruppe der Westalpen, an denen die italienische Region Piemont und die französische Region Provence-Alpes-Côte d´Azur Anteil haben. Höchster Berg des Varaita-Tals und auch der gesamten Cottischen Alpen ist die 3841 Meter hohe Steinpyramide des Monviso („der sichtbare Berg“). Er dominiert nicht nur die 30 Kilometer entfernte Po-Ebene, sondern auch alle anderen Berge der Umgebung, die er um mindestens 500 Höhenmeter überragt, weshalb er früher für den höchsten Berg der Alpen gehalten wurde. Sein Gipfel liegt gänzlich auf der italienischen Seite – und zwar auf der Wasserscheide zwischen Po- und Varaita-Tal – und nicht direkt auf dem Alpenhauptkamm. Dieser bildet im Westen beziehungsweise Norden (auf dem kurzen Stück zwischen Colle dell´Agnello und Passo Vallanta) des Varaita-Tales die Grenze zu Frankreich, genauer zur Region Queyras im Département Hautes-Alpes. Gut 60.000 Hektar des Queyras gehören zum gleichnamigen regionalen Naturpark.
Das oberste Varaita-Tal ist in zwei große Quelltäler aufgeteilt, nämlich ins Valle Varaita di Bellino und ins Valle Varaita di Chianale. Letzteres wird in der Regel als das „Haupttal“ angesehen und verläuft in Nordwest-Südost-Richtung, vom Colle dell´Agnello nach Casteldelfino. Die beiden Täler liegen V-förmig zueinander und werden von den gleichnamigen Flüssen (Torrenti) durchflossen. Nach gut 10 Kilometern vereinigen sie sich bei der Ortschaft Casteldelfino, und ab hier verläuft das Varaita-Tal (mit dem gleichnamigen Fluss) in West-Ost-Richtung, bis es nach etwa weiteren 40 Kilometern in die Poebene ausläuft, etwa 10 Kilometer von der Stadt Saluzzo entfernt. Die parallel verlaufenden Täler Po (hier hat der Po, der längste Fluss Italiens seine Quelle) und Maira stellen die Grenzen im Norden und im Süden dar. Dabei bilden die Wasserscheiden der Täler ihre politischen Grenzen.
Zum Varaita-Tal gehören 14 Gemeinden, die am tiefsten gelegene Gemeinde ist Verzuolo auf 420 Meter Höhe, die höchst gelegene ist Bellino auf 1576 Meter Höhe (Gemeindezentrum ist der Ortsteil Pleyne). Die höchstgelegene dauerhaft bewohnte Ortschaft des Varaita-Tal ist hingegen der Ortsteil Chianale (Gemeinde Pontechianale), auf beachtlichen 1797 Metern Höhe, was günstige klimatische Bedingungen und geeignete Böden für die Landwirtschaft voraussetzt. Oberhalb des Dauersiedlungsgebietes liegen die Temporärsitze, das heißt nur im Sommer bewohnte Gebäude, wobei es sich hier meist um die Alpgebäude auf den Weidegebieten des Tals handelt. Diese reichen in Höhen bis weit über 2000 Meter.
Mit der Einrichtung des Parco Naturale del Monviso (Naturpark Monviso) am 1. Januar 2016 gehören nun auch (kleine) Teile des Varaita-Tals einem regionalen Schutzgebiet an, nämlich der Bosco dell´Alevè (siehe Natur) sowie die hoch gelegenen Karseen Nero, Bleu und Bes.
Wie generell üblich, verändert sich auch hier mit steigender Höhe die Landschaft:
Während im untersten Talbereich, auf dem breiten, tief gelegenen und ebenen Talboden, zahlreiche Obstplantagen das Bild beherrschen, ist der untere und mittlere Talabschnitt von Wiesen, ehemaligen und inzwischen verbuschten Kulturflächen und Wald geprägt. Im oberen Talbereich sind es die weiten Alpflächen, die das Landschaftsbild bestimmen. Lediglich im obersten Talbereich dominiert das Ödland (Felsen, Schuttfelder, Schneefelder). Dieser Kontrast zwischen Kulturland und der hochalpinen Naturlandschaft mit den zahlreichen 3000er Gipfeln ist äußerst attraktiv, und besonders das Monviso-Massiv zieht Alpinisten und Wanderer an. Sein majestätischer Hauptgipfel (3841 m)besteht aus harten und verwitterungsresistenten Ophiolithen (Grünstein), die einst auf dem Grund des Meeres entstanden. Der ausgeprägte Kontrast zwischen hohen Gipfeln und der nahen Ebene ermöglicht fantastische Tief- und Fernblicke.
In den Eiszeiten haben mächtige Gletscher das Tal ausgeschürft und seine Oberfläche gestaltet, lediglich die hohen Gipfel und die unteren Talbereiche waren von der Vergletscherung nicht betroffen. Auch wenn viele Spuren der eiszeitlichen Vergletscherung von den Abtragungsvorgängen nach der letzten Eiszeit verwischt wurden, besonders in den Talbereichen wo weiche Sedimentgesteine vorherrschen, hat sich ein Teil des glazialen Formenschatzes erhalten. Die für die meisten Besucher des Tals wohl interessanteste Form dürften die zahlreichen und zum Teil wunderschönen Karseen sein. Hier haben die Gletscher Hohlformen geschaffen, die sich nach deren Abschmelzen mit Wasser füllten. Heute stellen die in Mulden und auf Hochebenen gelegenen Seen ideale Ausflugsziele dar.
Das Varaita-Tal war sehr bevölkerungsreich, mit einem Maximum der Bevölkerung am Ende des 19. Jahrhunderts. Daher gibt es hier auch viele Siedlungen, wobei ein sehr deutlicher Unterschied zwischen der Sonnenseite (viele Siedlungen) und der Schattenseite (wenig Siedlungen) des Tals besteht. Die Bebauung des Varaita-Tals ist von Haufensiedlungen geprägt. Neben den Gemeindezentren gibt es meist zahlreiche Ortsteile (frazioni), die häufig sonnenexponiert am Hang liegen. Weitere prägende Merkmale sind die zahlreichen religiösen Bauten (Bildstöcke, Kapellen, Kirchen), die vielen Weganlagen und die besonders „reiche“ bäuerliche Architektur in den Gemeinden der ehemaligen Escartons (siehe Architektur und Geschichte), also in den Gemeinden Bellino, Pontechianale und Casteldelfino.
Während die benachbarten Täler Maira und Po im deutschsprachigen Raum bereits einen bescheidenen Bekanntheitsgrad erlangt haben, ist das Varaita-Tal ein hier eher noch unbekanntes „Schatzkästchen“ der Cottischen Alpen.