Valle Varaita Trekking und mehr
herausgegeben von Michael Kleider
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Generell gibt es in den Cottischen Alpen – und somit auch im Varaita-Tal – eine sehr große Artenvielfalt, wobei die Verbreitung der hier vorherrschenden Arten hauptsächlich von der Bodenbeschaffenheit, der Höhenlage und dem Mikroklima bestimmt wird.
Auch der Mensch hat – wie in allen Kulturlandschaften – mit der Besiedlung und Bewirtschaftung die Vegetation des Tales stark beeinflusst und verändert. Und nachdem der Wald bis zum Bevölkerungsmaximum um 1890 herum ständig für Kulturflächen dezimiert wurde, konnte er sich in den letzten 100 Jahren, nach Aufgabe vieler Nutzflächen, wieder stark vergrößern. Daher dominieren heute in weiten Talbereichen (bis zur Waldgrenze, die im Varaita-Tal bei etwa 1900-2600!) Meter liegt, verschiedene Baumarten das Landschaftsbild:
- Am Tal-Eingang, zwischen 476 und etwa 550 Metern Höhe stehen Obstbaumplantagen, die intensiv bewirtschaftet werden.
- in den unteren Tallagen (bis etwa 1000 Meter), besonders auf den besseren Böden, überwiegen die Esskastanien. Diese einst äußerst wertvollen Bäume lieferten ganzjährig eine wichtige Alltagsnahrung (Kastanien als das „Brot der Armen“), und spielten auch als Getreideersatz (aus Kastanien kann auch Mehl gewonnen werden) eine wichtige Rolle.
- in den mittleren Tal-Lagen (etwa 1000 bis etwa 1800 Meter), je nach Sonnenexposition, stehen entweder Laubmischwälder aus Buchen und Flaum-Eichen, die auch mit Birken, Linden, Eschen, Bergahorn, Erlen etc. durchsetzt sein können, oder aber Nadelwälder aus Lärchen, Kiefern und Zirben (auch Arven genannt).
- In den oberen Tallagen (etwa 1800 bis etwa 2600 Meter, einzelne Exemplare bis 2800 Meter) sieht man nur noch Lärchen und Zirben, wobei die Lärchen überwiegen.
Eine botanische Besonderheit ist der gut 800 Hektar große Bosco dell´Alevè, der sich im oberen Varaita-Tal, auf dem Gemeindegebiet von Sampeyre, Casteldelfino und Pontechianale, im Süden des Monviso-Massivs (an den Hängen der Punta Malta und Cima delle Lobbie), erstreckt. Es handelt sich hier um den größten Zirbenwald der Alpen (700 Hektar fast reiner Bestand, ansonsten von Lärchen durchsetzt), der schon in Vergils Aeneis vor etwa 2000 Jahren erwähnt wurde. Er erstreckt sich zwischen 1500 und 2600 Metern Höhe (einzelne Exemplare erreichen bis zu 2800 m Höhe). Die Zirbe oder Arve ist ein Nadelbaum der bis in große Höhen (äußerst frostunempfindlich), und auf sehr kargen und nährstoffarmen Böden wächst, was seine flächengroße Verbreitung hier erklärt: Dieser Wald wurde nicht gerodet, da er auf sehr felsigem und steilem Untergrund wächst, und so wäre nach einer Rodung nur Ödland statt Weiden oder Äckern entstanden. Aus diesem Grund – aber auch als wichtiger Lawinen- und Steinschlagschutz – wurde der Bosco dell´Alevè ein Bannwald, und in den Gemeindestatuten wurde sein strenger Schutz festgelegt.
Auffällig auf einer Wanderung durch den Wald sind die vielen Flechten, die auf den Bäumen wachsen. 163 Arten dieser Indikatorpflanze (Flechten belegen eine gute Luftqualität) konnten im Bosco dell´Alevè gezählt werden. Seit dem Jahr 2000 gehört der Wald Alevé zu den Orten der EU, die von besonderem landschaftlichen Interesse sind (sito di interesse comunitario), und seit 01. Januar 2016 zum neu gegründeten Naturpark Monviso (Parco del Monviso). In Casteldelfino ist ein Besucherzentrum eingerichtet worden, um die Besonderheiten dieses Waldes genauer zu erläutern.
Außer dem Wald gibt es im Varaita-Tal, das seit jeher den Beinamen das „Smaragdgrüne“ trägt, auch Wiesen, Weiden, alpine Matten und Gräser (oberhalb der Baumgrenze), Kräuter, Sträucher und Pilze, sowie zahlreiche Blütenpflanzen, von denen einige endemisch sind.
Vertreten sind zum Beispiel Thomas´ Veilchen, Eisenhut, gelber Enzian, Weißer Germer, Mehl-Primel, Gewöhnliches Alpenglöckchen, Schachblume, Männertreu, Alpenküchenschelle, Schafgarbe, Dänischer Tragant, Gestutzter Steinbrech (neben anderen Steinbrecharten), Frühlings-Lichtblume, Südalpine Tulpe, Bach-Storchschnabel, Mont-Cenis-Glockenblume, Kochs Enzian und Gletscher-Hahnenfuß, um nur einige der schönen, besonderen oder seltenen Arten zu nennen. Besonders viele Blühpflanzen, darunter auch Endemiten, haben ihr Habitat beim Colle dell´Agnello (Übergang ins Haute Queyras) gefunden, wie zum Beispiel Blaukresse, Zweiblütiger Steinbrech, Zarter Enzian, Wollköpfiger Beifuß und Schwarze Edelraute (die Pflanze, aus der der hier beliebte Genepi-Likör hergestellt wird).
Überlebenskünstler wie zum Beispiel Flechten besetzen sogar die Felsen der Gipfelregionen.